Stadtgeschichte

Wappenrelief des frühen 15. Jahrhunderts, Wedl-Haus, Hauptplatz 22

Geschichte der Stadt Korneuburg

Die Anfänge der Stadt Korneuburg gehen auf einen kleinen Handelsplatz an der Donau zurück, der um 1114 erstmals erwähnt wird („novum forum“) und zu Klosterneuburg (Neuburg) auf der gegenüberliegenden Donauseite gehörte.
Um 1200 wurde der mehrmals überschwemmte Marktflecken landeinwärts in vor Hochwasser geschützteres Gebiet verlegt, vermutlich nach dem Hochwasser von 1210, und mit einem großen Rechteckplatz und einer Kirche – höchstwahrscheinlich die ehemalige Nikolaikirche – neu gegründet.

Diese neue Siedlung war Ausgangspunkt der weiteren urbanen Entwicklung im 13. Jahrhundert. Sie entwickelte als Sitz eines Landgerichts und einer Pfarre zentralörtliche Funktion für das Umland und profitierte wirtschaftlich vom Donauhandel, von der nahen Donauüberfuhr („Urfahr“) Tuttendorf-Klosterneuburg und den weiterführenden Straßen in den Norden und Osten. 

Um 1300 fand der Stadtwerdungsprozess unter König Albrecht I. mit der Trennung von Klosterneuburg (um 1298) und der Errichtung einer Stadtmauer – weithin sichtbares Zeichen einer Stadt – seinen Abschluss. Aus Neuburg beiderseits der Donau wurden zwei selbstständige Städte: „Neuburg markthalben“ (Korneuburg) und „Neuburg klosterhalben“ (Klosterneuburg). Im Jahr 1311 verlieh Herzog Friedrich (der Schöne) der Stadt Korneuburg das älteste überlieferte Stadtrecht.

Im Spätmittelalter entwickelte sich Korneuburg, gefördert durch landesfürstliche Privilegien, zu einer finanzkräftigen Donauhandelsstadt. Grundlage des Wohlstands war der Handel mit den Massengütern Getreide, Salz und Wein (aus Eigenbau). Die Stadt bestand aus rund 300 Häusern inklusive der Vorstadt vor den Toren. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erfolgte unter Herzog Albrecht V. ein massiver Ausbau der Befestigung und die Errichtung des Stadtturms über dem Chor der Nikolaikirche auf dem Hauptplatz (Fertigstellung vermutlich 1445), der zum Wahrzeichen der Stadt wurde. 

Religiöses Zentrum war jahrhundertelang die – neuesten Forschungen zufolge – im ausgehenden 13. Jahrhundert errichtete Pfarrkirche St. Ägyd. Ihr gotischer Chor stammt aus dem 14. Jahrhundert; ihre heutige neugotische Gestalt erhielt sie durch den Umbau um 1900. 

Im 16. Jahrhundert war die Stadt einige Jahrzehnte evangelisch. Nach der Gegenreformation entstand erst wieder in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine evangelische Gemeinde durch zugewanderte Werftarbeiter. Die heutige evangelische Pfarrkirche (Dreieinigkeitskirche) aus dem Jahr 1963 ist der jüngste Kirchenbau Korneuburgs. 

Große Bedeutung für das religiöse Leben der Stadt hatten auch das 1338 gegründete und im 18. Jahrhundert neu erbaute Augustinerkloster (aufgehoben 1808) sowie das im frühen 17. Jahrhundert zur Rekatholisierung errichtete Kapuzinerkloster (aufgehoben 1783, heute Finanzamt). Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört das Hochaltarfresko „Das letzte Abendmahl“ von Franz Anton Maulbertsch in der Augustinerkirche (1776).

Vom jüdischen Leben zeugt die mittelalterliche Synagoge in der Roßmühlgasse, das älteste erhaltene Gebäude der Stadt. 1305 kam es aufgrund des nachweislich falschen Vorwurfs der Hostienschändung zu einem Judenpogrom; auf ehemals jüdischem Grund wurde später das Augustinerkloster errichtet. In der Folgezeit konnte sich wieder eine größere jüdische Gemeinde in Korneuburg etablieren, die die Synagoge errichtete und bis zur landesweiten Vertreibung der Jüdinnen und Juden 1420/21 bestand. Die konfiszierte Synagoge wurde seither nicht mehr religiös genutzt. Ab 1460 als Geschenk Kaiser Friedrichs III. im Besitz der Stadt, ab dem 18. Jh. in Privatbesitz, diente sie als Getreidespeicher, als von Pferden angetriebene Mühle (Rossmühle), als Magazin, Werkstatt und Garage.

Ende des Mittelalters erlitt die Stadt schwere Schäden im Zuge der Eroberung durch die Ungarn unter König Matthias Corvinus (1484), vermutlich der Grund für die Aufgabe der Vorstadt in der Folgezeit. In der frühen Neuzeit ging die Bedeutung der Stadt als Handelszentrum zurück. Gründe waren die Verlagerung der Verkehrswege infolge des Baus der Wiener Donaubrücken (um 1440), die wirtschaftliche Konkurrenz Stockeraus und die Verlandung stadtnaher Donauarme durch Veränderungen der Gewässertopographie. 

Zur Katastrophe wurde im Dreißigjährigen Krieg das Jahr 1646, als kaiserliche Truppen die von den Schweden im Jahr davor besetzte Stadt zurückeroberten. Die meisten Häuser wurden zerstört oder beschädigt, die Bevölkerung verarmte. Nach einer Phase der Erholung brachten die napoleonischen Kriege erneut schwere finanzielle Belastungen und Schäden (1805, 1809).

Im Laufe des 19. Jahrhunderts veränderte sich die seit dem Mittelalter maßgeblich von Handel, Gewerbe, Wein- und Ackerbau geprägte Stadt. Sie entwickelte sich zu einem Verwaltungszentrum, zunächst als Sitz des Kreisamts, dann der Bezirkshauptmannschaft und des Kreisgerichts. Große Kasernenbauten machten sie zur Garnisonstadt, in der die zeitweise über 1000 Soldaten ein wichtiger Teil des städtischen Alltagslebens waren. Zum Korneuburger „Hausregiment“ wurde das ab 1883 hier stationierte Eisenbahn- und Telegraphenregiment. 

Durch die Ansiedlung von Großbetrieben im Zuge der Industrialisierung veränderten sich auch die ökonomischen Strukturen. Die Textilfabrik Schaumann (1828) und die Schiffswerft der DDSG (1852) wurden die größten Arbeitgeber in der Umgebung und beschäftigten hunderte Arbeiterinnen und Arbeiter. Später kam mit der Ölraffinerie ein weiterer Industriebetrieb dazu (1927–1961). 

Zu florierenden Betrieben mit internationalem Kundenkreis entwickelten sich unter anderem die Apotheke und spätere Pharmafirma Kwizda (gegründet 1853) und die nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Firmen Girak (Seilbahnbau) und Pappenberger (Klavierfabrik).

Symbol der Veränderung und städtebaulichen Weiterentwicklung des 19. Jahrhunderts war der Abriss der mittelalterlichen Stadtmauer. Ausdruck des bürgerlichen Selbstbewusstseins ist das den Hauptplatz dominierende, im neugotischen Stil nach Plänen des Architekten Max Kropf errichtete Rathaus (1894/95). Dafür wurde die ehemalige Nikolaikirche (1786 profaniert) abgebrochen. Der mittelalterliche Stadtturm wurde in den Neubau integriert.

Im Zweiten Weltkrieg war die Stadt als Industriestandort (Werft, Raffinerie) ab 1944 das Ziel von Luftangriffen mit Toten und Zerstörungen. Die wohl tiefgreifendste Veränderung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Schließung der Schiffswerft (1993). Damit verlor die Donau, jahrhundertelang Lebensader der Stadt, endgültig ihre Bedeutung für Korneuburg. Der Strom wurde durch andere, den Standort begünstigende Verkehrswege und Verkehrsmittel – Bahn, Schnellbahn und Autobahnen – abgelöst. Das ehemalige, teilweise denkmalgeschützte Werftgelände soll für einen neuen Stadtteil direkt an der Donau genutzt werden. 

Die gute Anbindung an das Verkehrsnetz in Verbindung machte Korneuburg zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort und, in Verbindung mit dem kleinstädtischen Ambiente, zu einer beliebten Wohngegend in der Umgebung Wiens.